Literaturkritiken

Berührt. Roman, Edition Howeg

Trotz der die Illusion des unmittelbaren Berichtes immer wieder neu weckenden Präsens-Referenz des Ich-Erzählers vermengen sich Gegenwart und Vergangenheit schnell zu einem irgendwie schlingernden Dazwischen und Dahinter. Hat der Künstler den Wettbewerb wirklich nur der Qualität seiner Werke wegen gewonnen – oder nicht doch auch, weil er dem Vater der Galeristin Isabelle Malavou fast zum Verwechseln ähnelt? Jenem Mann, den die mittlerweile knapp Vierzigjährige anbetete, so sehr, dass er wohl der Vater ihrer Tochter Roberta, sie also deren Halbschwester ist. Tasten sich Sandro und Roberta, die bei Gianni, dem Drucker, aushilft, sonst aber Geige spielt und Musik studiert, nicht auch seelisch und körperlich zueinander hin, weil sich so transponiert und damit metaphorisch wiederholt, was ihrer Mutter und ihrem Großvater/Vater widerfuhr? Dass die kokainsüchtige Isabelle, die eigentlich mit dem Konstrukteur und Unternehmer Ermanno zusammenlebt „etwas“ mit ihrem Dealer, dem Türken Mehmet hat, der wiederum Sandros drogensüchtigen, gegen Ende des Buches drogentoten Bruder kennt; dass das Haus, wo Isabelle mit Ermanno, Mutter und Tochter wohnt, auch das Zuhause früher Tage des Künstlers war und einige davon neu gespiegelt wieder erwachen – all das ist ebenfalls mindestens so Frage wie Antwort.

Ein überaus dichtes Buch!

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Egidius Aebli
ZSV News
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«An der Bar» von Walter Ehrismann – Die Sensation der Alltäglichkeit, Walter Eigenmann

«Wenn man sich als Leser, quasi zur Ouvertüre, etwas kundig macht über einen Autor, dessen neuestes Buch aufzuschlagen man im Begriffe ist, und dabei erfährt, dass er einst als Gestaltungs-Künstler begann, nach dem Studium lange als Sekundarlehrer in der Pädagogik wirkte, seit 42 Jahren eines schweren Unfalls wegen im Rollstuhl arbeitet,» mehr

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Texte in den Wind – eine Rezension

Was beim Lesen der Gedichte sofort auffällt, ist die musikalische Grundlage des ganzen Gedichtzyklus. Es gibt eine strenge dreiteilige Komposition der Gedichttexte: jedes Gedicht wird mit der Exposition eingeleitet, zumeist einer malerischen Beschreibung der Natur, der eine detailreiche Darstellung einer Alltagsszene aus dem Leben der in der gebirgigen Gegend von San Pablo al Lago lebenden Menschen folgt und die den inhaltlichen Höhepunkt des Gedichtes bildet. Am Ende des Gedichtes gestaltet sich eine philosophische Reflexion des Autors, die seine emotionale Haltung offenbart.

Interessant ist auch das die Komposition des Gedichtzyklus gestaltende Zeitprinzip: jedes Gedicht beschreibt den Ablauf eines Tagesabschnittes, der zugleich als Titel eines Gedichtes fungiert, z.B., Morgen, Mittag, Nachmittag, Abend und Nacht – fünf Gedichte, fünf verschiedene Naturbeschreibungen, fünf Szenen aus dem Alltagsleben und…ein sie alle umfassendes, vereinendes aber ambivalentes Gefühl, das Gefühl einer intensiven Empfindung der Harmonie der Natur und des Lebens, gepaart mit einer tiefen persönlichen Melancholie und Selbstironie, die über die Begrenztheit der persönlichen Empfindung zu einer philosophischen Erkenntnis hinaus wachsen.

Denn der Künstler ist es gerade, der sowohl das Schöne als auch das Tragische des Lebens am krassesten wahrnimmt, aufs Intensivste erlebt und in seinem Werk widerspiegelt. Insofern wird das Nachempfinden seiner Eindrücke und Gefühle zu einem hochsensiblen, ja kathartischen Leseerlebnis.

Dr. Nelli Holler, Wien

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